Begegnungen
hier: Die „coolen“ Alten
Seitdem wir selbst „in die Jahre“ gekommen sind, ist die unterschiedliche Art des Älterwerdens der Leute immer mal wieder Thema. Es ist interessant, Menschen zu sehen und zu erleben, die es geschafft haben, bis ins hohe Alter wirklich lebendig zu sein und die dies auch ausstrahlen.
An der Via de la Plata scheint diese Spezies geballt aufzutauchen, und wenn sich dann der/die eine oder andere auf unser Terrasse niederlässt und Blaubeerpfannkuchen mit Kaffee bestellt, dann ist das ein Geschenk.
Es kamen herein Annie und John aus Südafrika (beide Ende 70). Annie hatte zwei Schlaganfälle hinter sich und die beiden nannten sich „Slow Strollers“, weil sie nur kurze Etappen zurücklegen konnten mit dem Effekt, dass sie ein ganz besonderes Auge hatten für die schönen Dinge am Weg. Peter aus Österreich (Anfang 70), der an einem Tag hereinkam, als ich frustriert von viel Arbeit war und durch dessen Augen ich nochmal alles in einem neuen Licht sehen konnte, weil er jede Kleinigkeit wahrnahm und alles zu schätzen wusste (mein Engel an diesem Tag). Erich aus Westfalen, sportlich-fit, dem ich kaum glauben konnte, als er mir sein Alter verriet (73 – boohh)). Karl, der als junger Mann nach Amerika ausgewandert ist, aber fast jedes Jahr in Spanien läuft (83). Er war sehr angerührt von dem Ort und hat sich vorgenommen wiederzukommen, wenn die Herberge fertig ist so wie auch die beiden lebenslangen Freundinnen aus Belgien und Frankreich (75).
Wir würden uns sehr freuen.
Friedrich (78), ein Biologe, der seit 30 Jahren in der Nähe von Barcelona lebt und der uns im Gegenzug zum Pfannkuchen alle wilden essbaren Pflanzen auf dem Grundstück gezeigt und erklärt hat.
Pilger in unserem Alter aus Kanada, Neuseeland und Australien. An einem Mittag saßen sechs Nationalitäten zusammen am Tisch.
Die Krönung bisher jedoch, das war für uns Josef aus dem Saarland (86), der sofort gute Tipps zum kaputten Traktor geben konnte, der schon viele der spanischen Jakobswege gelaufen ist – einmal den ganzen Weg zurück von Santiago de Compostella nach Hause und der auch einfach mal zur Golden Hochzeit seines Bruders die 500 km in den Bayrischen Wald läuft. Er hat ja Zeit und genießt sie. Der Mann hatte die verschmitzten Augen eines Teenagers und sprach über die unterwegs erlebten Widrigkeiten und Unbequemlichkeiten mit einer Selbstverständlichkeit und Gelassenheit und so viel Humor, dass wir nur zuhören und staunen konnten.
Was haben alle diese alten Menschen gemeinsam, die so lebendig wirken trotz mancher Einschränkungen, sogar Krankheiten? ? Schlicht und ergreifend: Begeisterung.
Lust auf Neues, Lust auf Begegnung, sich auf andere Menschen einzulassen, zuhören, reden, sich interessieren, sehen, wahrnehmen und annehmen was ist.
Mit dieser Erkenntnis werden wir uns weiterhin darin üben, immer wieder unsere Komfortzone zu verlassen, auch wenn es anfangs manchmal Angst macht. Der Preis ist heiß – wir finden, es lohnt sich!!
Das Café ist eröffnet
Pilgerfeeling
Pilgerfeeling
Es mußte sein …
Obwohl eigentlich der Eröffnung des Pilgercafés nichts mehr im Weg stand, haben wir in der Woche vor Ostern hier alles stehen und liegen gelassen und uns aufgemacht, nochmal die Strecke auf der Via de la Plata zu laufen, die wir beim letzten Mal ausgelassen hatten und zwar die ca. 130 km von der schönen alten Stadt Caceres hoch zu unserer Finca in Puente de Malena. Die Stecke beinhaltet 5-6 Etappen und ist sehr gut zu laufen; Frühling in der Extremadura, das ist etwas ganz besonderes, denn selbst die Steine blühen, winzige Lilien und Orchideen, Felder von Schopflavendel und Ginster, wilde Hyazinthen und Lupinen in drei Farben und die vielen Arten, die wir nicht benennen konnten. Da wir nahe an den Osterfeiertagen waren, der Semana Santas, in der alle Spanier unterwegs sind, waren die Herbergen extrem voll, das war eine neue Erfahrung, die man vermeiden könnte. Allerdings wären uns dann einige der interessanten Menschen, die gleichzeitig mit uns unterwegs waren, nicht begegnet und das wäre zu schade gewesen.
Jedenfalls ist diese Strecke eine gute Einstiegsstrecke auf der Via de la Plata bis zu uns oder noch drei Tage weiter nach Salamanca für Pilger, die sich einmal ausprobieren möchten. Bitte sprecht uns an, wenn Ihr hierzu gern nähere Informationen hättet. Es gibt ganz regelmäßig Busse von Sevilla oder auch Lissabon zu den interessanten alten Städten auf der Via de la Plata, wo man dann anfangen könnte zu laufen.
Inzwischen sind wir wieder hier. Interessant war, beim Ankommen auf der Finca schon ein „zu-Hause-Gefühl“ zu haben.
Gerade gießt es wie aus Eimern, die Pilger gehen schnellen Schrittes vorbei, eingewickelt bis oben hin in ihre Regencapes, um schnell in ihren Herbergen zum übernachten anzukommen. Das können wir ja (noch) nicht bieten. Also wird das Café eröffnet, wenn die Sonne wieder scheint. Das wird nicht lange dauern.
Winterzeit
Dezembersonne, gleich ist sie auf der Terrasse
Unsere Wohnung, rustico aber sehr gemütlich
Hier leben
Eigentlich fängt es schon an, wenn wir über die alte Brücke, die Puente de la Malena, kommen, den unbefestigten Weg hinauf zur Finca holpern; Wilfried kennt inzwischen jede Fahrrille, jeden rausstehenden Fels und Schlagloch und schafft es, das alte Auto gekonnt an allen Hindernissen vorbeizulenken, so dass wir mit leichtem Schwung oben ankommen. Der Entschleunigungsprozess hat begonnen.