2017-12-15 Gedanken – zwischendurch

Zuletzt neu anfangen …

 

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …“ die meisten unserer Geburtstagsgratulanten in diesem Jahr stimmten diesen Schlager für uns an.

Nun, ganz sicher fängt es nicht an, das wird an vielen Stellen deutlich, aber aufgehört hat es auch noch nicht, nur kostbarer ist es geworden mit dem sicheren Gefühl, wie begrenzt die Zeit ist, nichts mehr aufschieben wollen. Wilfried und ich sind uns einig, dies ist der Zeitpunkt auch einmal für die ganz eigenen Träume.

So waren meine Gefühle zwar sehr gemischt, aber überrascht war ich nicht, als Wilfried Anfang des Jahres eine Finca-Ruine kaufte mit 6500 m² Grundstück, gelegen unmittelbar an einem der spanischen Jakobswege, der Via de la Plata, die von Cadiz an der andalusischen Küste nach Santiago de Compostela führt.

2014 hatten wir dieses Fleckchen Erde beim Pilgern entdeckt, am Ende der Extremadura, nahe einer alten Römerbrücke. Ein Grundstück (eine Viehweide) mit einer verfallenen Finca aus riesigen alten Steinen, überwuchert von Brombeergestrüpp, mitten in der „Wallachei“. Jedenfalls war es das, was ich sah.

Ganz anders für Wilfried. Er setzte sich auf einen der rumliegenden Steine, nahm die ganze Umgebung in sich auf und war irgendwie ergriffen von diesem für ihn ganz besonderen Ort. Wir packten also unser Picknick aus, schauten uns im Gebäude um, welches anscheinend in den letzten Jahren als Unterstand für Vieh benutzt worden war und schließlich wanderten wir weiter. Nun hat Pilgern den automatischen Effekt, dass Raum entstehen kann für Gedanken und Visionen und so hatte Wilfried die Idee an dieser Stelle, nur 2 Schritte vom Jakobsweg, einen Ort zu schaffen zum einkehren, begegnen, essen + trinken, was auch immer. Beim „ rumspinnen“ konnte ich gut mitmachen, auch ich sprühte vor Ideen. Allerdings, nachdem wir im Laufe der Zeit noch viermal in Puente de Malena (so heißt der Ort) waren, genauer hingeschaut hatten (der Verfall war jedes mal deutlicher) und Wilfried schließlich Anfang 2017 das Grundstück gekauft hatte, war ich gar nicht mehr sicher, welches mein Anteil in dem ganzen Projekt sein könnte oder ob überhaupt, so einsam, mitten im Land und recht weit entfernt von jeglicher Küste. So blieb mir zu diesem Zeitpunkt im Gedanken an unser Versprechen, den anderen nicht von den eigenen Träumen abzuhalten, nichts anderes übrig, als loszulassen und zu schauen, wie es weitergeht.

Seit April ist Wilfried die meiste Zeit in Spanien und arbeitet glücklich und mit anhaltender Begeisterung vor sich hin, oft allein, aber auch mit Handwerkern. Im Oktober war ich da und so viel ist passiert! Das Gestrüpp ist weg, ein Brunnen wurde gegraben, eine Zisterne zum Wässern des Gartens, der auch schon im Ansatz angelegt ist. Kartoffeln und Salat wurden schon geerntet (jedenfalls das, was die Kühe übrig gelassen haben). Mauern sind instand gesetzt und Luca, Wilfrieds Sohn, hat ein Außentor geschmiedet mit einer Jakobsmuschel drauf. Die Terrasse ist überdacht und hat einen Boden, es gibt eine Außenküche, in der auch die Pilger mal kochen können (und in der ich Waffeln und Kaffee anbieten könnte – ha, da bin ich!!).

Warum ausgerechnet hier?? Lange konnte selbst Wilfried nicht ausdrücken, was dieser Ort für ihn bedeutet. Ich glaube, ich hab es jetzt so verstanden:

Religio = lateinisch: Rückkehr zum Ursprung. Das genau fühlt man hier, erlebt Einfachheit.

In Puente de Malena ist ihm ein spanisches Pilger-ABC (+D) eingefallen und das ist so:

(h)Ablar – Beber – Comer – Dormir

Reden – Trinken – Essen – Schlafen

Mehr ist es nicht.

 

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